Am vergangenen Sonntag fand in Heidelberg der 31. SAS Halbmarathon der TSG 78 Heidelberg statt. Die auf 3.500 beschränkten Startplätze waren wie immer innerhalb kürzester Zeit vergeben. Ich könnte jedoch einen ergattern, da ich mir die Anmeldefrist im vermerkte. Doch meine plötzlich auftretende Wadenverhärtung zwei Wochen vor dem Lauf machten meine Teilnahme bis kurz vor Schluss unsicher. Ehrlich gesagt, hatte ich den Lauf bereits abgehakt.
Ich hatte zwar alles versucht, damit die Verhärtung wieder verschwindet, doch zunächst ohne Erfolg. Als mir meine Frau jedoch zweimal die Wade massierte, trat eine deutliche Besserung ein. Auf einmal war meine Teilnahme wieder denkbar. Ich absolvierte am Donnerstag und Freitag noch erfolgreich zwei Testläufe und beschloss, mich am Wettkampftag spontan zu entscheiden. Doch da war schon klar, dass ich bei einem Start nicht mit 100% laufen würde. Ich sah den Heidelberg Halbmarathon als Trainingseinheit für Mannheim. An mein ursprünglich geplantes Ziel von Sub2 dachte ich nicht mehr, da nicht realisierbar. Zumindest ging ich davon aus…
Am Samstag holte ich meine Startnummer ab. Dort waren einige Läufer zu sehen, die noch einen Startplatz suchten. Ich hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, meinen Startplatz umschreiben zu lassen, da ich mir bzgl. meiner Teilnahme nicht sicher war und die Startplätze sehr begehrt sind. Doch ich entschied mich dagegen. Ich wollte mitlaufen.
Sonntag. Aufstehen, eine Kleinigkeit essen, Laufsachen packen und los. Ich parke wie in den Jahren zuvor in einem Parkhaus. Dies ist aufgrund der Parkplatzsituation in Heidelberg einfach am stressfreisten. Ich ziehe meine Laufsachen an und mache mich auf den Weg zum Startbereich. Die Teilnehmer sind in Blöcke eingeteilt. Die Startnummern haben (je nach angegebenen Zielzeit) eine bestimmte Nummer. Ordner achten darauf, dass sich alle in den richtigen Startblock stellen. Der Start der Blöcke erfolgt im Abstand von fünf Minuten. Dadurch wird das Feld entzerrt, was aufgrund der Strecke durch die enge Altstadt durchaus Sinn macht. Der Startsprecher gibt allen nochmal den Tipp, es am Berg nicht zu schnell anzugehen und auch abwärts langsam zu machen. Gerade für Neulinge ein Rat, den man sich zu Herzen nehmen sollte.
Heidelberg, 26 Grad, die Wade hält. Zumindest spüre ich keine Verhärtung oder sonst irgendwas. Ich gehe es langsam an und lasse mich nicht von überholenden Läufern zu einem höheren Tempo verleiten. Es geht durch die Altstadt (z.T. Kopfsteinpflaster) über die “Alte Brücke” auf die andere Neckarseite. Ich laufe ganz entspannt und achte darauf, mein Tempo zu halten. Bis jetzt war noch alles recht harmlos.
Doch nun kommt der Philosophenweg. Die Steigungen sind echt brutal, aber meiner Wade tut dies sogar gut. Auch jetzt achte ich darauf, nicht zu schnell alle Körner zu verbrauchen. Manche Läufer tun dies nicht. Viele davon sollte ich später wieder einholen. Der Weg schlängelt sich nach oben. Die Stimmung ähnelt der einer Bergetappe der Tour de France. Es sind erstaunlich viele Zuschauer am Wegesrand, die einen super anfeuern. Das letzte Stück hat es in sich. Ich gehe nicht, habe aber dennoch das Gefühl, als würde ich stehen. Geschafft!
Nun geht es fast nur noch im Wald bergab. Ich bin skeptisch, ob meine Wade dieses permanente Bergablaufen verkraften würde. Daher nehme ich Tempo raus, so gut es geht. Auch diese Hürde ist genommen. Unterstützt von einer tollen Musikkapelle geht es wieder auf die andere Neckarseite. Ich weiß, was mich nun erwarten wird.
Der zweite große Anstieg ist heftig. Die letzten beiden Male musste ich gehen. Doch heute nicht! Auch hier ist die Unterstützung der Anwohner und Zuschauer einfach klasse. Ich versuche meinen Rhythmus zu halten. Einfach weiterlaufen. Es muss nicht schnell sein. Hauptsache nicht stehen bleiben. Ich werde mittlerweile spürbar seltener überholt. Im Gegenteil, ich hole immer mehr Läufer ein, die sich ihre Kräfte falsch eingeteilt haben. Ich habe alles richtig gemacht. Dennoch ist das Schloss noch längst nicht erreicht. Manch kurze Abstiege lassen vor allem Neulinge im Glauben, das Schlimmste wäre vorüber. Doch bereits nach der nächsten Kurve zeigt sich der nächste lange Anstieg. Dieses Wissen hilft mir enorm. Den Weldebräu-Stand ignoriere ich (im Gegensatz zum letzten Jahr), denn mir wird bewusst, dass eine Zeit unter zwei Stunden möglich ist, wenn nichts dazwischen kommt.
Bei Kilometer 19 ist es geschafft. Von nun an geht es nur noch bergab. Allerdings auf Kopfsteinpflaster, was recht anstrengend ist. Es gibt viele, die bereits zum Schlussspurt ansetzen. Recht haben sie, denn von nun an kann man es rollen lassen. Doch ich halte mich zurück, möchte bzgl. meiner Wade nicht kurz vor dem Ziel noch etwas riskieren. Nun geht es durch die Altstadt in Richtung Ziel. Normalerweise würde ich jetzt nochmal alles geben, um ein paar Sekunden schneller zu sein. Doch dieses Mal nicht. Wozu auch? Ich werde locker unter zwei Stunden bleiben und was interessieren mich da ein paar Sekunden? Nichts. Deswegen riskiere ich keine unnötige Zerrung. Stattdessen genieße ich die letzten Meter und laufe entspannt mit einem äußerst zufriedenen Lächeln bei 1:56:50 ins Ziel. Immerhin 11 min schneller als meine bisher beste Zeit in Heidelberg.
Wie auch die beiden Male zuvor, fühlte ich mich nach der Ziellinie ein wenig verloren. Dies lag vor allem daran, dass es keine Medaille gab. Ich finde das sehr schade, denn der Heidelberg Halbmarathon ist nicht ein gewöhnlicher Stadthalbmarathon, sondern hat ein anspruchvolles Streckenprofil. Eine Medaille wäre eine schöne symbolische Belohnung für das Geleistete. Hierfür würde ich auch gerne 5€ mehr an Startgeld bezahlen. Da es aber nunmal keine Medaille gab, verließ ich auch recht schnell den Zielbereich und traf auch gleich meine Frau mit meinen beiden Söhnen, die auf mich warteten. Eine schöne Belohnung, die mich die mangelnde Medaille schnell vergessen ließ. Wir machten uns auf den Heimweg und gingen noch auf die „Mannemer Mess“. Ein gelungener Tag. :D
Ich gratuliere Dir zu dieser Leistung, Christian! Und mit Deinem Bericht machst Du mir Mut: mein Fuß schmerzt seit Monaten und es gibt keinen Befund. Dennoch kann ich laufen – und werde daher auch beim Rennsteig starten. Und ich werde es so machen, wie Du: keine “gute Zeit” anstreben, sondern auf den Körper achten und den Lauf genießen. Hast alles richtig gemacht – und das wurde wohl belohnt: super!
Herzlichen Glückwunsch! Gut gemacht – in jeder Hinsicht!
Ich denke, damit hast Du es auch überstanden. Wenn die Wade einen Halbmarathon mit diesem bergauf und bergab durchhält, sollte wieder alles okay sein. Laß die Vorsicht die nächsten Tage noch ein wenig mitlaufen und dann wirst Du auch wieder zu Deinem normalen Leistungsniveau aufschließen können.
Grüße aus Köln!
Mario
Deutlich unter 2 Stunden bei den Höhenmetern und den ungünstigen Vorzeichen?
Klasse – Glückwunsch!
Ich finde auch genau richtig, dass du zum Schluß einfach die Sub2 eingetütet und nicht zuviel riskiert hast.
Du hast dich und deinen Gesundheitszustand anscheinend sehr gut eingeschätzt und bist bei einem recht anspruchsvollen HM gesund, zufrieden und ziemlich flott ins Ziel gekommen. Was will man mehr? Glückwunsch!
Hallo Christian,
tolles Ergebnis bei einem anspruchsvollen Halbmarathon.
Das ist der erste Lauf von dem ich höre, bei dem die Organisatoren darauf achten, dass die Startblöcke auch eingehalten werden.
Grüße -timekiller-
Da hast du scheinbar das Optimale herausgeholt. Herzlichen Glückwunsch!
Cool, dass du es trotz allem gepackt hast und dass es dir sogar noch so gut ergangen ist. Da waren ja noch eine Menge Höhenmeter drin!
Gratulation zu deiner Zeit und gute Erholung!
@Eddy: Danke! Ich drücke Dir für Samstag fest die Daumen. :grin:
@Supermario72: So ganz überstanden habe ich es noch nicht. Zumindest spüre ich noch etwas, wenn ich zu straff gedämpfte Schuhe laufe. Aber ich bin guter Dinge. :cool:
@Carsten: Danke. Dass ich auf den Zielsprint verzichtet habe, bin ich sogar ein wenig stolz, denn so vernünftig bin ich selten. ;-)
@Andreas: Vielen Dank! Genau so sehe ich das auch. :smile:
@-timekiller-: Stimmt, ist eher selten der Fall. Aber da wurde an den Schleusen zu den Startblöcken tatsächlich auf die Zugehörigkeit geachtet. Auch der versetzte Start in 5min-Abständen hat die Masse gut entzerrt. Aufgrund der Enge in der Altstadt aber auch notwendig.
@Laufhannes: Ja, das kann man so sagen. Dankeschön! Mag sein, dass mehr möglich gewesen wäre. Aber das Risiko war mir zu hoch. Vielleicht peile ich nächstes Jahr mal eine Sub1:50 an. Ist durchaus drin. Mal sehen.
@Chris: Vielen Dank! Die Erholung brauchte ich, zumal ich noch drei Tage danach Muskelkater am Hintern hatte. :lol: