Für das Laufjahr 2013 habe ich mir vorgenommen, mich mehr auf auf die kurze Distanz zu konzentrieren. Eigentlich waren damit 10km-Läufe gemeint. Doch beim 4. Schwetzinger Spargellauf war der Hauptlauf bereits ausgebucht, sodass ich mich für die 5km-Variante entschied, bei der noch ein Platz frei war.
Zu Saisonbeginn nahm ich mir eine Sub21 vor, falls ich diese Distanz doch einmal laufen sollte. Doch aufgrund zweier krankheitsbedingten Laufpausen (2 Wochen Grippe, 1 Woche Erkältung), rechnete ich mir wenig Chancen aus, zumal ich auf dieser Distanz unerfahren bin. Daher hielt ich maximal eine 21:15 für realistisch, auch wenn die Trainingsergebnisse nicht schlecht waren. Allerdings darf man die positive Wirkung eines Wettkampfes nicht unterschätzen. Da ist dann oft eine unerwartete Leistungssteigerung möglich. Und so ließ ich mich einfach überraschen, was am Ende dabei rauskommt.
Start war im Schwetzinger Schlossgarten um 10:30 Uhr (zehn Minuten später starteten die 10km-Läufer). Meine Frau und meine beiden Söhne waren mit dabei, um mir zuzuschauen. Das Wetter sollte ja endlich frühlingshaft werden und die kurze Distanz bedeutete für sie auch eine kurze Wartezeit, bis ich ins Ziel komme. Ich lief mich ein wenig warm und fünf Minuten vor dem Start mischte ich mich unter die Läufer.
Start
Das Teilnehmerfeld ist relativ groß. Mit über 300 Läufern auf der 5km-Distanz ist der Startbereich richtig voll. Doch wo soll ich mich einordnen? Für die Zeitmessung bekam ich einen Transponder, den ich an den Schnürsenkeln befestigte. Doch dieser dient lediglich für die Erfassung der Zielzeit; der Startzeitpunkt ist für alle gleich, egal ob erster Läufer oder letzter Läufer des Teilnehmerfeldes. Daher ist es wichtig, dass ich nicht zu weit hinten starte. Ansonsten gehen mir wichtige Sekunden verloren. Ich schaue mir die Läufer an und versuche sie rein optisch leistungsmäßig einzuschätzen. Da kann man manchmal daneben liegen, aber im Großen und Ganzen haut das hin. Etwas zögerlich stelle ich mich in die dritte Reihe und befinde mich somit unter den ersten 30. Übermütig? Bezogen auf die über 300 Startern eigentlich schon, aber mein Bauchgefühl sagt nein. Mal sehen.
Kurz vor dem Startschuss mache ich mir noch Gedanken über meine Renntaktik. Etwas spät, würde ich sagen. Aber das ist jetzt auch egal. Der Countdown wird runtergezählt und dann geht es auch schon los. Man könnte glatt meinen, es wäre ein 500m-Lauf, so geht die Post ab. Ich lasse mich anstecken und gehe das Rennen viel zu schnell an. Oder doch nicht? Schließlich ist es ja nur ein 5er. Langsames Angehen ist da vielleicht nicht unbedingt angebracht. Keine Ahnung. Meine Beine werden mir die Antwort schon noch früh genug geben.
1. Kilometer
Der erste Kilometer führt auf feinen Schotterwegen durch den schönen Schlossgarten, doch ich habe keine Zeit, ein Auge darauf zu werfen. Zu fokussiert versuche ich das Tempo zu halten und eine gleichschnelle Gruppe zu finden. Bereits jetzt merke ich, dass meine Entscheidung richtig war, mich im Startblock so weit vorne einzuordnen. Die erste Kilometermarkierung passiere ich knapp über vier Minuten. Die Beine sind davon unbeeindruckt und die Luft ist auch da. Also weiter.
2. Kilometer
Der zweite Kilometer geht auf einer Straße am Schlossgarten entlang. Ich führe eine kleine Gruppe an, in der auch zwei junge Mädchen sind, die ihrem Trikot nach offensichtlich aus einem Leichtathletikverein kommen. Ich habe sofort das Gefühl, dass sie aus Taktikgründen hinter mir bleiben und mich das Tempo machen lassen. Da es mir aber um die Zeit und nicht um die Platzierung geht, mache ich das Spielchen mit. Laut Uhr bin ich nur geringfügig langsamer geworden.
3. Kilometer
Der dritte Kilometer führt komplett über das freie Feld. Der Gegenwind macht mir ein wenig zu schaffen und das Tempo leidet ein wenig darunter. Das ist der Nachteil, wenn man voraus läuft. Für die zwei Mädchen gebe ich dagegen einen prima Windschatten. Egal, ich werde mich mit meinem Turbo auf der Zielgeraden rächen!
4. Kilometer
Auf dem vierten Kilometer geht es wieder in Richtung Schlossgarten. Der Gegenwind ist weg und die zwei Mädchen setzen sich vor mich, wobei eine scheinbar Probleme hat, das Tempo zu halten. Auch mir fällt es schwer, dran zu bleiben. Zwar weiß ich, dass ich noch ein paar Reserven habe, doch zu früh möchte ich meine letzten Körner nicht aufbrauchen. Dennoch schaffe ich es, an den beiden Mädchen wieder vorbeizuziehen. Kaum im Schlossgarten angelangt, passiere ich die 4km-Marke. Seltsamerweise sagt mein Forerunner, dass noch knapp 100 Meter fehlen. Die ganze Zeit piepte er immer kurz vor den Markierungen.
5. Kilometer
Der letzte Kilometer liegt vor mir. Die Beine werden schwer und die Lunge fängt an zu brennen. Nun ist auch noch die Sonne rausgekommen und die Temperaturen steigen langsam an. Aber das sollte auf den letzten tausend Metern kein Problem sein. Eine lange Gerade liegt vor mir. Viele Läufer sehe ich nicht. Einerseits positiv, andererseits aber auch schwierig, um noch einmal das Tempo zu erhöhen. Zwei Läufer nehme ich mir ins Visier und versuche, die Abstände kontinuierlich zu verkürzen. Endlich kommt die letzte Kurve, die zur Zielgeraden führt. Doch bis zum Ziel sind es noch 400-500 Meter. Das wird hart, verdammt hart. Etwa hundert Meter vor dem Ziel kommt eine kleine S-Kurve. Kurz vorher beschließe ich, meinen Zielsprint anzusetzen und die beiden Läufer zu überholen. Doch als ich gerade zum Überholen ansetzen möchte, schnappt sich die eine Läuferin von vorhin mir die Ideallinie vor der Nase weg und ich muss außen laufen. Na warte, Dich krieg ich! Ich bleibe ihr auf den Fersen und bin optimistisch, dass ich sie kurz vor dem Ziel noch einhole.
Ziel
Bisher konnte ich bei Wettkämpfen auf den letzten hundert Metern immer zusätzliche Kräfte mobilisieren und somit ein paar Sekunden rausholen. Doch sie spürt, dass ich ihr im Nacken bin und legt noch einen drauf. Eine Sekunde nach ihr komme ich mit 20:30 ins Ziel und bin fix und alle. Das 14-jährige Mädchen ist die erste Frau im Ziel und ich klatsche respektvoll ihre Hand ab. Das Duell hat sie verdient gewonnen. Im Windschatten Kräfte gespart, im richtigen Moment zum Überholen angesetzt und am Ende meinen finalen Angriff gekontert. Dies erkenne ich neidlos an. Das Duell war für beide von Nutzen.
Fazit
Die 5 Kilometer waren wie erwartet eine fiese Distanz. Eigentlich eine Sprintstrecke. Man läuft bis zum Anschlag. Dies erkennt man auch an den Pulswerten (ø160bpm), denn bei einem 10er liege ich z.B. durchschnittlich 5 Schläge darunter. Im Ziel hatte ich sogar meinen Maximalpuls (170 bpm) um einen Schlag überschritten.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass kleine Fehler gnadenlos bestraft werden, sofern man auf eine Platzierung aus ist. Taktik spielt auch eine Rolle, wenn auch eine andere, als z.B. beim Halbmarathon. Beim 5er ist die richtige Positionierung vom Start an wichtig.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es noch. Nach Rücksprache mit dem Veranstalter war die Strecke nicht offiziell, sondern lediglich per GPS-Uhr vermessen. Laut meinem Forerunner fehlten am Ende 80-90 Meter (siehe Garmin Connect). Doch selbst der Streckenplan auf der Veranstalter-Homepage gibt nur 4,927 Kilometer an. Das mag jetzt vielleicht kleinlich klingen, aber aufgrund dieser Ungenauigkeit betrachte ich meine gelaufene Zeit nur bedingt als Bestzeit. Rechne ich diese 80-90 Meter auf die gemessene Zeit hoch, komme ich auf eine 20:50, was durchaus realistischer ist. Das wäre zwar auch eine Bestzeit, aber zumindest offiziell. Und daher werde ich zukünftig nur noch auf offiziell vermessenen Strecken auf Bestzeitjagd gehen.
Letztendlich hat mir der Lauf aber dennoch sehr viel Spaß gemacht und ich habe eine Menge dazugelernt. Und auf dem 17. Platz von insgesamt 310 Teilnehmern zu landen, ist auch mal ein schönes Gefühl. Laut Ergebnisliste sind nur vier Läufer vor mir, die älter sind als ich. In meiner Altersklasse (M35) sogar nur einer. Schade, dass es keine Altersklassenwertung gab, denn sonst wäre ich tatsächlich auf dem Treppchen gelandet. Vielleicht klappt es ja doch noch irgendwann einmal.
Gratuliere Dir zur persönlichen Bestzeit! Und ob nun offiziell oder inoffiziell – wen interessiert’s schon (außer Dir selbst natürlich). Bravo!! :-D
Hat doch wunderbar funktioniert alles. Besonders das Aufstellen in der dritten Reihe würde ich dann nicht als übertrieben ansehen.
Am Zieleinlauf sieht man dann was Taktik bringen kann, der Langsame hätte ruhig mehr drauf achten können, dann hättet ihr Beide es leichter gehabt.
So oder so, gute Zeit.
Naja, also wie auch immer. Super Zeit. Herzlichen Glückwunsch dazu
Tja Kollege – wir werden alt! Die Jugend kocht uns eiskalt ab! :grin:
Nein – herzlichen Glückwunsch! Tolles Ergebnis!
Aber clever war das Mädchen schon! Und vor allem blitzschnell, wie sie die Situation erkannt! Das nennt man(n) wohl weibliche Intuition ….
Grüße aus Köln!
Mario
Gratuliere Christian zur inoffiziellen neuen Bestzeit.
Leider kann ich genauso wie du ein von einer Bestzeitenjagd auf nicht offiziell vermessener Strecke berichten. Letztes Jahr wollte ich meine 10km-Bestzeit von 39:32 auf unter 38:00 drücken. Am Ende habe ich dann blöde geklotzt, als ich bei 40:36 und 10,7 km ins Ziel kam. Zwar habe ich die 10km-Marke bei 37:40 Min überquert, aber es ist und bleibt halt keine offizielle Bestzeit…
Sport frei!
Thomas
Aber der Zielsprint sieht Klasse aus. Da hat die Kleine aber genau die Lücke getroffen, das hätte für alle vier auch ins Auge gehen können. Ich sage nur Massensturz wie bei der Tour de France. :mrgreen:
Glückwunsch zur PB !
Das erste Mal dieses Jahr so richtig geschwitzt, oder? :lol:
Die “Kleine” war eiskalt. Geschickt im Slalom durchgeflitzt.
Aber eine 20er-Zeit ist ja ein super Ergebnis. Glückwunsch.
@alle: Vielen Dank für die Glückwünsche! :grin:
Übrigens, die “kleine” die dich auf der Zielgeraden überholt hat bin ich :D
War schon cool der Lauf und für einmal im Jahr 5 Kilometer war die zeit auch nicht übel :)
Hi,
und ich bin übrigens das andere Mädchen. Ja, wir machen beide Leichtathletik und trainieren zusammen, aber wir trainieren nicht speziell für Langstrecke. Allerdings stimmt es nicht, dass wir uns taktisch bei irgendjemandem in den Windschatten gehängt haben… Wir sind einfach zusammen gelaufen, so gut wie wir beide konnten, und haben uns eher gegenseitig gezogen – auf dem Feld war ich weiter vorne und sie hat sich bei mir reingehängt, im Zielsprint konnte Anna halt nochmal zulegen. :smile: