Das Gelände der ehemaligen Franklin Kaserne in Mannheim war Austragungsort für den ersten Meilenlauf. Angeboten war neben der Halbmarathondistanz auch die etwas ungewöhnliche 9-Meilen-Strecke. Nach dem Halbmarathon in Karlsruhe und dem Himmelsleiterlauf eine Woche später, konnte ich mich nicht erneut für die 21,1 Kilometer aufraffen. Stattdessen war ich neugierig auf die 9 Meilen bzw. knapp 14,5 Kilometer. Für meine Beine war diese Wahl nicht zwingend besser, aber dennoch war es die richtige Entscheidung.
Vor dem Lauf
Da neben den beiden genannten Distanzen auch noch ein Kinder- und Bambinilauf angeboten wurden, kam die ganze Familie mit. Der Kleinste hatte allerdings keinen guten Tag erwischt und wollte nicht mitlaufen. Bisher war er immer heiß darauf, aber dieses Mal nicht. Schade, aber zwingen wollte ich ihn dazu nicht. Und so schauten wir dem kleinsten Läufernachwuchs bei der Stadionrunde zu. Am Ende gab es für alle Kids eine schöne Medaille, deren Teilnahme übrigens kostenlos war.
Mein größerer Sohn war dagegen schon etwas aufgeregter. Eine Meile, also 1,609 Kilometer hatte er zu laufen. Im Vergleich zum Mini-Marathon (4,2 Kilometer) im Mai deutlich weniger. Er ging es schon fast zu langsam an, legt aber zum Schluss nochmal ordentlich zu. Nach einem schönen Zielsprint bekam er seine verdiente Medaille. Allerdings war er etwas platt, denn das höhere Tempo war er nicht gewohnt.
Nun war ich dran. Ich zog mich um und gab meiner Frau den Kleiderbeutel. Start und Ziel war auf der Stadionlaufbahn. Ich war überrascht, wie viele Läufer teilnahmen. Das Wetter war perfekt und ich lief mich ein wenig warm. Schließlich reihte ich mich am Ende des ersten Startblocks (HM unter 1:40) ein. Ich wusste noch nicht so genau, wie ich den Lauf angehen soll. Eine Zeit zwischen 1:10 und 1:12 hielt ich für realistisch. Ein Pfarrer hielt noch ein paar geistliche Worte und dann sollte es losgehen. Mit etwas Verzögerung kam dann die Startfreigabe (man musste auf das OK der Straßenbahn warten).
Der Lauf
Der Startschuss fällt und die Masse stürmt förmlich auf der federnden Tartanbahn los. Ich natürlich mal wieder viel zu schnell. Nach 200 Metern geht es von der Bahn runter auf das Kasernengelände. Mein Tempo ist noch immer viel zu schnell. Recht früh kommt dann auch schon die Weiche; 9-Meilen links, Halbmarathon rechts. Die Masse, zumindest im vorderen Bereich, biegt auf die 21,1km-Strecke ab. Ich bin plötzlich recht einsam. Vor und hinter mir ist ein großer Abstand zum nächsten Läufer.
Jetzt gilt es, das eigene Tempo zu laufen und den Rhythmus zu finden, was auf der welligen Strecke nicht einfach ist. Es geht kurz am Käfertaler See entlang und dann auf das freie Feld. Lange Gerade warten auf mich. Alles andere als einfach, wenn man alleine läuft. Ich spüre, wie jemand meinen Windschatten nutzt, aber auf Dauer mag ich das nicht. Abwechseln gehört unter den Bedingungen dazu. Da er das aber offensichtlich nicht vorhat, ziehe ich das Tempo kurzfristig an.
Nach der Versorgungsstelle ist auch schon der nächste Läufer im Windschatten. Doch dieser verhält sich ganz anders. Nach einer Weile geht er vor und macht das Tempo. Wir wechseln uns ab und kommen sogar ins Gespräch. Und das bei einem Tempo um 4:30! Komischerweise funktioniert das echt super und das letzte Drittel wird dadurch angenehm kurzweilig. Von hinten kommt noch ein weiterer Läufer hinzu und als Trio passieren wir den letzten Versorgungsstand.
Nun zieht der dritte Läufer etwas an und ich versuche zu folgen, merke aber sofort, dass ich dieses Tempo nicht bis zum Schluss halten kann. Wenige hundert Meter zieht auch der andere Läufer an mir vorbei. Ok, ich versuche nun so lange wie möglich an ihm dran zu bleiben. Ansonsten wird es alleine recht quälend. Bis zur Brücke klappt das auch ganz gut, doch oben angekommen merke ich, wie mir die Körner schwinden. Die letzten Wochen zollen ihren Tribut. Ich lasse ihn ziehen und konzentriere mich nun darauf, dass kein weiterer Läufer mehr an mich ran kommt.
Es ist nun bewölkt und die Temperaturen sind gesunken. Vereinzelt tröpfelt es. Aber das ist jetzt egal. Bis zum Ziel ist es nicht mehr weit. Ich laufe am Kasernenzaun entlang und werde vom Runner’sWorld-Fotografen mit Namen angefeuert. Das gibt mir tatsächlich einen kleinen Schub und laufe fokussiert auf das Kasernengelände. Ein kurzer Schulterblick (eigentlich ein Zeichen von Schwäche) und ich stelle fest, dass meine aktuelle Position sicher ist. Jetzt gilt es noch die bestmögliche Zeit rauszuholen. Vielleicht sogar unter 1:05?
Ich höre den Moderator am Mikrofon und laufe schneller werdend in Richtung Stadion. Als ich einen Streckposten passiere, höre ich, wie er ins Mikro sagt „Der Führende Halbmarathon ist in Sicht“. Ok, der überholt mich nicht! Challenge accepted! Ich biege ab ins Stadion. Die Zuschauer feuern mich an. Auf der Tardanbahn läuft es sich nun richtig gut. Ein Blick auf die Uhr: Jawoll, auch die Sub1:05 ist im Sack. Mit letzter Kraft und finalem Sprint erreiche nach 1:04:26 das Ziel.
Nach dem Lauf
Im Ziel klatschte ich erst einmal mit den beiden Mitläufern ab und gratulierte ihnen. Dabei erfuhr ich, dass ich unter den ersten 10 war! Sehr geil! Die Zuschauer im Zielbereich applaudierten, als hätte ich gewonnen. Vielleicht bemerkten sie auch einfach nicht, dass ich „nur“ ein 9-Meilen-Läufer und kein Halbmarathoni war. Egal, ich genoss die Stimmung und nahm meine Medaille entgegen. Dann kam der Sieger des Halbmarathons mit 1:05 ins Ziel. Starke Zeit! Der Moderator animierte uns zu einem gemeinsamen Foto mit dem Sieger. Wow, wann erlebe ich sowas schon? Echt cool!
Ich versorgte mich danach noch im Zielbereich, unterhielt mich kurz mit Juan und machte mich dann auch schon auf den Weg zur Gepäckaufbewahrung. Meine Frau holte mich ab und wartete auf mich. Da es inzwischen recht kühl war, wollte ich eh schnell nach Hause unter die warme Dusche.
Fazit
Zuhause erfuhr ich gegen Abend das offizielle Ergebnis. Ich wurde doch tatsächlich 8. von 184 (gesamt) und sogar 2. in meiner Altersklasse. Leider wurden die Altersklassen bei der Siegerehrung nicht berücksichtigt, aber das wusste ich vorher schon. Egal, ich bin trotzdem sehr stolz auf das Ergebnis. Es war die richtige Entscheidung, auf der 9-Meilen-Distanz zu starten und nicht beim Halbmarathon. So konnte ich mal vorne mitlaufen und das war echt was Besonderes.
Die Veranstaltung war super organisiert und von vielen Seiten hörte ich den Wunsch nach einer Wiederholung im nächsten Jahr. Die Strecke ist jedoch etwas wellig und die langen Abschnitte auf freiem Feld sind anstrengend. Dennoch hat der Lauf Spaß gemacht und die Stimmung innerhalb der Kaserne war klasse. Toll auch die Medaille. Sieht richtig edel aus.
Vier Wettkämpfe an vier Wochenenden in Folge hinterlassen ihre Spuren. Zwar konnte ich eine überraschend gute Leistung abliefern, doch ich spüre auch, wie sich mein Körper so langsam nach dem Saisonende sehnt. Das war schon heftig, aber dennoch jeder Lauf für sich richtig schön. Keine neuen Bestzeiten in diesem Jahr, aber dafür tolle Erlebnisse und neue Medaillen für die Sammlung.
Wow…flottes Tempo. Glückwunsch zum 8. Platz!
Bist du schon mal die Badische Meile in Karlsruhe gelaufen? Ist zwar mit nicht mal 9 km echt Kurzstrecke, würde mich aber auch reizen mal wieder in der Heimat zu laufen und nicht die ganze Nacht unterwegs sein zu “müssen” :)
Freue mich schon auf die Laufsaison 2017! Sehr toller Bericht :)
LG Sebastian